Den Herzinfarkt rasch aufspüren
Herzinfarkt, ja oder nein? Dank Dr. Raphael Twerenbold wissen Ärzte und Patienten bereits nach einer Stunde Bescheid. Für diesen Fortschritt erhält er den Forschungspreis 2019 der Schweizerischen Herzstiftung.
Bevor Raphael Twerenbold einen Eingriff angeht, stülpt er sich ein Gewand über, das ihn wie ein asiatischer Krieger aussehen lässt. Einen steifen Rock und ein Gilet, beides mit eingelegten Bleiplatten. Sie schützen ihn vor schädlichen Röntgenstrahlen, wie auch die mit Blei versetzte Brille und Haube. Dazu kommen noch die hellblaue Schutzkleidung, der Mundschutz und zuletzt die sterilen Gummihandschuhe. Was er trägt, wirkt behäbig und schwer. Die Arbeit hingegen verlangt höchste Präzision: Behandelt er jemanden mit einem Herzinfarkt, schiebt er einen dünnen Katheter durch die Handgelenksarterie in den Körper hindurch bis zum Herzen vor. Dort öffnet er das verschlossene Gefäss mit einem Ballon und setzt einen Stent ein. Das ist Millimeterarbeit.
Symptome haben oft andere Ursachen
Raphael Twerenbold ist interventioneller Kardiologe am Universitätsspital Basel und das Herzkatheterlabor ist sein Reich. Dort hat er schon vielen Menschen das Leben gerettet. Zum Glück ist dies oft nicht nötig. Denn wenn Patienten mit Beschwerden wie klemmendem Schmerz in der Brust, Übelkeit und Atemnot auf der Notfallstation auftauchen, können dies zwar typische Herzinfarkt-Symptome sein. In 80 Prozent der Fälle jedoch liegen andere Ursachen vor. Zum Beispiel eine Lungenembolie, ein starkes Sodbrennen oder eine gebrochene Rippe. Als Forscher interessiert ihn deshalb, wie er den Herzinfarkt rasch und sicher erkennen kann. Ein EKG hilft weiter. Aber nicht alle Herzinfarkte geben im EKG ein klares Bild ab. In solchen Fällen benötigt es zusätzlich einen Bluttest.

Herzproteine schnell nachweisen
Bei einem Herzinfarkt sterben Herzmuskelzellen ab. Dadurch gelangen Herzproteine ins Blut, zum Beispiel das Troponin. Frühere Tests wiesen das Troponin erst drei bis sechs Stunden nach Beginn eines Herzinfarktes nach. Seit ein paar Jahren gibt es einen schnellen, hochsensiblen Troponin-Test, der schon nach einer Stunde den Herzinfarkt aufspürt oder ausschliesst. Doch ist auf ihn Verlass? Dies haben Twerenbold und das Forschungsteam des kardiovaskulären Forschungszentrums am Universitätsspital Basel (CRIB) genauer untersucht. Ihre Studie mit über 4300 Patienten hat nun bestätigt, dass das Resultat nach einer Stunde für alle Patienten tatsächlich sicher und zuverlässig ist. Dies freut ihn nicht nur als Forscher, sondern auch als Arzt. Denn jetzt muss er seine Patienten nicht mehr stundenlang im Ungewissen lassen. Und wie er können tausende von Kardiologinnen und Kardiologen weltweit viel schneller entscheiden, welche weiteren Untersuchungen ihre Patienten brauchen oder ob man sie gar wieder nach Hause entlassen kann. Für diese Leistung erhält Raphael Twerenbold den Forschungspreis 2019 der Schweizerischen Herzstiftung.
Artikel aus unserem Magazin HERZ und Hirnschlag, August 2019
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